BAG Infobrief 2/24

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Liebe Freund*innen der Kirchenasyl-Bewegung,

langsam wachsen die ersten Blätter, erblühen die ersten Zweige. Es wird Frühling, in manchen Regionen Deutschlands früher als in anderen. In diesem Jahr fällt die christliche Passionszeit mit dem muslimischen Fastenmonat Ramadan zusammen. Mittendrin liegt das kurdische Neujahrsfest Nevroz. Anlässe genug gibt es in diesem Frühling, sich im und um das Kirchenasyl zu begegnen, gemeinsam zu essen und ja, trotz allem, zu feiern.

Für uns ist es jedes Jahr wieder das große TROTZDEM, das uns in unserer Arbeit motiviert. Kirchenasyl ist Schutz im Einzelfall und gleichzeitig Einspruch gegen die unmenschliche Abschiebepolitik Deutschlands und die Aufrüstung der EU- Grenzen. Für den Jahresbericht 2023 tragen wir die zahlreichen Aktivitäten, bei denen wir viele von euch und Ihnen treffen durften, zusammen und erinnern uns an schöne Begegnungen. Wir erstellen die Jahresstatistik, die darauf hinweist, dass sich Kirchengemeinden nicht entmutigen lassen angesichts der globalen Krisen und der Verschärfung der Asylgesetze: Es gibt mehr Kirchenasyle, unsere Bewegung wächst.

Wir freuen uns, mit euch und Ihnen gemeinsam unterwegs zu sein: Für kirchliche Schutzräume, für Humanität und Gerechtigkeit, für das Recht auf Asyl und faire Verfahren.

Viele Grüße aus der Geschäftsstelle,

Genia Schenke und Ulrike La Gro

Für die Ökum. BAG Asyl in der Kirche e.V.

Kirchenasyl als Hoffnungszeichen

„Wenn unsere Regierungen auf diese humanitären Krisen nicht hinreichend reagieren, haben Bürgerinnen und Bürger das Recht und die Verantwortung, einen Handlungsansatz zu wählen, der den Auftrag erfüllt, Schutz zu gewähren, wo nötig, und vor allem, den Nächsten zu lieben.“

Kirchenasyl als Hoffnungszeichen

Wenn unsere Regierungen auf diese humanitären Krisen nicht hinreichend reagieren, haben Bürgerinnen und Bürger das Recht und die Verantwortung, einen Handlungsansatz zu wählen, der den Auftrag erfüllt, Schutz zu gewähren, wo nötig, und vor allem, den Nächsten zu lieben.

Aus der International Sanctuary Declaration, die wir 2016 mit unserem Internationalen Netzwerk verabschiedet haben.

Präventionsprojekt veröffentlicht

Sie bieten Geflüchteten durch Kirchenasyl Schutz oder wollen es bald tun? Sie arbeiten als Ehren- oder Hauptamtliche mit Menschen, die im Kirchenasyl sind? Das ist großartig! Wie können wir dafür sorgen, dass Gemeinden den Schutz, für den sie sorgen wollen, auch tatsächlich geben können? Was brauchen Geflüchtete im Kirchenasyl, um sich tatsächlich sicher zu fühlen?

Im Januar 2023 begann offiziell unser Focus-Projekt „Schutzkonzepte und Prävention von sexuellem Missbrauch im Kirchenasyl“. Eine Arbeitsgruppe bestehend aus Katherine Braun, Hala M.H., Homaira S., Magdalena Z. und Ulrike La Gro entwickelte einen sog. „Werkzeugkasten“ zur Präventionsarbeit, der das Jahr über in Gesprächen, Workshops und schriftlichen Feedback-Schleifen verbessert wurde. Ziel ist es, Kirchenkreise, Gemeinden, weitere Schutzgewährende sowie Schutzsuchenden im Kirchenasyl Instrumente an die Hand zu geben, und diese an die lokalen Gegebenheiten anzupassen und der Selbstbestimmung von potentiell Betroffenen Raum zu geben.  Der Werkzeugkasten orientiert sich an den rechtlich festgelegten Anforderungen für Präventionskonzepte. Der Werkzeugkasten beinhaltet:

 Ein Workshop-Format, für Gemeinden, regionale Netzwerke und Unterstützuer*innenkreise
 Ein Abschnitt zum Kirchenasyl als Ergänzung für kirchengemeindliche Schutzkonzepte
 Ein Beschwerdemanagement-Leitfaden
Eine Selbstverpflichtungserklärung (mit Reflexionsfragen) für Ehren- und Hauptamtliche, die Kirchenasyle begleiten und organisieren
Ein Informationsblatt mit Selbstverpflichtung für Geflüchtete, die im Kirchenasyl leben
Die Einladung zu monatlich stattfindenden Online-Vernetzungstreffen für Kirchenasyl-Gäste
Linksammlung mit Kontaktdaten und Material (Link zu den Präventionsstellen der Kirchenkreise/ Landeskirchen, weitere Schutzkonzepte,…)

Im Jahr 2023 konnten wir bereits vier Workshops durchführen und in zahlreichen Einzelgesprächen und Gremien für das Thema sensibilisieren. Wenn Sie Fragen zum Thema Schutzkonzepte und Kirchenasyl haben oder Ihre Erfahrungen mit uns teilen wollen, melden Sie sich sehr gern bei uns!

Wechsel in der Geschäftsstelle

Unsere Mitarbeiterin Ulrike La Gro verlässt und tritt ihr Vikariat in der Westfälischen Landeskirche an. Wir wünschen ihr alles Gute und sind uns sicher, dass wir uns an anderer Stelle wiederbegegnen werden. Zum 15.4.24 beginnt unsere neue Referentin, Marlene Auer, in der Geschäftsstelle. Wir freuen uns sehr über die Bereicherung im Team!

Kirchenasyl-Konferenz in der Schweiz

Am 01.03.2024 nahmen wir auf Einladung des Schweizer Netzwerks Migrationscharta bei einer nationalen Kirchenasyl-Konferenz in Zürich teil.  Mit über 100 Teilnehmenden aus der ganzen Schweiz war der Dorothe-Sölle-Saal der City-Kirche St. Jakob gut gefüllt. In einem Rückblick auf die Kirchenasyl-Bewegung in der Schweiz in den 1970er und 80er Jahren stellten die damals Beteiligten den internationalen Charakter der frühen Bewegung heraus. Gemeinsam mit John Fife, Pfarrer der Presbyterianischen Kirche in Tucson/Arizona tourten sie durch verschiedene westeuropäische Länder und diskutierten, ob Kirchenasyl auch in Europa möglich sei. Die Verbindungen zur deutschen Kirchenasyl-Bewegung bestehen seit diesen Tagen.

Inzwischen gib in Deutschland jedes Jahr hunderte Kirchenasyle, in der Schweiz liegen die Zahlen im ein- bis zweistelligen Bereich. Eine besondere Herausforderung ist, dass die Schweiz zwar aufgrund der Mitgliedschaft im Schengen-Raum auch Teil des Dublin-Verfahrens ist, gleichzeitig aber die Rechtsprechung der EU-Gerichte nicht immer anerkannt wird. Völker- und Staatsrechtlerin Dr. Stefanie Motz aus Zürich ordnete daher in ihrem Vortrag die rechtliche Situation bezüglich Kirchenasyl für die Teilnehmenden als herausfordernd ein, wies aber darauf hin, dass trotz drohender Strafverfahren die Beherbergung von Geflüchteten aus humanitären Gründen im Kirchenasyl nicht illegal sein könne. Gleiches gelte in der Schweiz für die private Aufnahme von Flüchtlingen.

Der Vortrag unserer Referentin Ulrike La Gro über die Geschichte und aktuelle Herausforderungen der Kirchenasyl-Bewegung in Deutschland wurde mit großem Interesse aufgenommen. Der Blick über die Grenzen des eigenen Kontexts hinaus wurde von den Teilnehmenden in der Schweiz als genauso hilfreich und erfrischend wahrgenommen, wir die Inputs von Referierenden aus anderen Ländern bei unseren BAG-Jahrestagungen.

Wegweiser der Seebruecke vor St.-Jakob Kirche Zuerich

Kirchenasyl in Zahlen

Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist die Zahl der gemeldeten Kirchenasyl-Fälle im letzten Jahr deutlich gestiegen. Auch unsere Statistik deutet dies an. Gleichzeitig berichten alle regionalen Netzwerke von einer nochmals gestiegenen Zahl der Kirchenasyl-Anfragen. Die Ankündigung von Bundeskanzler Scholz, Deutschland müsse „im großen Stil abschieben“ bedeutet die weitere Zerstörung der Zukunft von Menschen, die sich nach oft jahrelanger Flucht ein Leben in Deutschland erträumen. Im Einzelfall kann durch Kirchenasyl eine Abschiebung in eine besonders schlimme Lage abgewendet, eine Kettenabschiebung verhindert, oder bei einer drohenden Familientrennung eingeschritten werden. Alle, die aktiv an Kirchenasylen beteiligt sind, wissen, dass es noch tausende weitere „Einzelfälle“ gibt, denen aufgrund mangelnder Kapazitäten nicht geholfen werden kann. So sagt die gestiegene Zahl von Kirchenasylen vor allem dies aus: Die europäische Abschottungspolitik und die deutsche Abschiebepolitik führen zu mehr Elend, zu mehr Leid, zu mehr zerstörten Perspektiven und sind manchmal sogar tödlich. Gut also, dass es mehr Kirchenasyle gibt.

JahrAnzahl der Kirchenasylfälle
2015keine statistische Erfassung
1.08.-31.12.2016420
20171.561
20181.521
2019635
2020335
2021822
20221.243
20232.065
Auskunft des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Save the date

Vom 22.-23. November 2024 findet unsere Jahrestagung unter dem Titel „Kirchenasyl – gelebte Solidarität in Zeiten der Abschottung“ im Stephansstift Hannover statt. Wir freuen uns über die Kooperation mit dem neu wiederbelebten Netzwerk Kirchenasyl in Niedersachsen. Weitere Termine finden Sie auf unserer Website.

Wir brauchen Ihre Unterstützung

Die Ökumenische BAG Asyl in der Kirche ist der organisatorische Zusammenschluss der Kirchenasylbewegung in Deutschland. Sie besteht Kirchengemeinden und Regionalnetzwerken aller Konfessionen, die bereit sind, Flüchtlinge im vor Abschiebung zu schützen, wenn begründete Zweifel an einer gefahrlosen Rückkehr bestehen. Als BAG treten wir für die Flüchtlinge und deren Unterstützer*innen ein, durch Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit, Dokumentation von Kirchenasyl, Publikationen, Tagungen und Beratung von Gemeinden. Für den Fortbestand unserer kontinuierlichen Arbeit sind wir auf Ihre Spende angewiesen.

BAG Asyl in der Kirche | IBAN: DE68350601901013169019 |BIC: GENODED1DKD

Impressum:

Herausgeberin: Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V.
Kirche Zum Heiligen Kreuz, Zossener Str. 65, 10961 Berlin
V.i.S.d.P.: Dietlind Jochims

Redaktion und Gestaltung: Ulrike La Gro, Genia Schenke

Bilder: Ulrike La Gro

www.kirchenasyl.de | info@kirchenasyl.de | Facebook und Twitter @kirchenasyl