PM: Erneuter Abschiebeversuch aus dem Kirchenasyl

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Am Morgen des 20.12.2023 ist es erneut zu einer versuchten Abschiebung aus dem Kirchenasyl gekommen. der betroffenen Familie handelt es sich um eine sechsköpfige Familie aus Afghanistan. Zwei der Kinder sind noch minderjährig. Die Mutter ist eine bekannte Frauenrechtlerin und Journalistin, die in ihrer Heimat massiv bedroht wurde. Über das Aufnahmeprogramm für Afghanistan des Bundesinnenministeriums und des Auswärtigen Amtes war der Familie eine Aufnahme in Deutschland zugesichert worden. Die Visumserteilung verzögerte sich allerdings massiv. Über ähnliche Fälle berichteten zuletzt immer wieder die Initiative „Kabul Luftbrücke“ und andere. Da das Leben der Familie in Afghanistan zusehends gefährdet war und sie dringend medizinische Behandlung benötigten, flohen sie in den Iran. Von dort aus gelangten sie mit einem spanischen Visum nach Europa. „Der Familie war eine Aufnahme in Deutschland zugesagt worden. Es ist ein Armutszeugnis für die Behörden, dass die Visa-Formalitäten viel zu schleppend angesichts der Lebensgefahr für die Familie bearbeitet worden sind“, kritisiert Pastorin Dietlind Jochims, Vorstandsvorsitzende der Ökum. BAG Asyl in der Kirche. Jetzt abgeschoben werden sollten die beiden volljährigen Söhne der Familie, so dass es zudem noch zu einer Familientrennung gekommen wäre.

Vermehrt Angriffe auf das Kirchenasyl

In den letzten Monaten haben wir bundesweit einen Bruch von Kirchenasyl und mehrere Androhungen der Räumung erlebt. Die meiste öffentliche Aufmerksamkeit erregte der Versuch der Ausländerbehörde Viersen in NRW, ein kurdisch-irakisches Ehepaar nach Polen abzuschieben. Die Abschiebung konnte durch breiten zivilgesellschaftlichen Protest jedoch abgewendet und das Kirchenasyl beendet werden. Auch im Schweriner Fall ist das Verhalten der Behörden paradox, kommentiert Pastorin Dietlind Jochims, Vorstandsvorsitzende der BAG: „Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat selber festgehalten, dass eine Familientrennung hier vermieden werden soll. Außerdem ist das Kirchenasyl gebrochen worden, was dem bekundeten Respekt für diesen Schutzraum widerspricht.“

Familien gehören zusammen

Die beiden Söhne von Frau Y., die heute aus dem Kirchenasyl abgeschoben werden sollten, sind volljährig. Der gerade 18jährige Sohn übernimmt Verantwortung für das alltägliche Leben der fünf weiteren Familienmitglieder, wo die stark traumatisierten und kranken Eltern dies nicht können. Der 22jährige Sohn ist kognitiv eingeschränkt.  In der sog. Dublin-III Vereinbarung gelten volljährige Kinder nicht als Kernfamilie. Wenn aber Familien gemeinsam migrieren, muss alles getan werden, damit sie zusammenbleiben können. Wir glauben, dass Menschen das Recht haben, zu migrieren, um ihr Leben und das ihrer Familien zu schützen und dass sie nicht gezwungen sein sollten, sich zwischen der Unterstützung und dem Zusammenleben mit ihren Familien zu entscheiden.

Kirchenasyl ist ein Schutzraum

Schutz bedeutet für uns nicht nur, vor eine Abschiebung zu bewahren, deren Konsequenz unzumutbare Härten wäre. Schutz bedeutet für uns auch, einen Ort zu schaffen, an dem die geflüchteten Kirchenasyl-Gäste endlich einen Ort zum Durchatmen finden. Meist liegen Jahre der Verfolgung, Flucht und Unsicherheit hinter den Menschen, die im Kirchenasyl aufgenommen werden. Die aktuellen Räumungsandrohungen und –versuche führen zu großer Verunsicherung unter Kirchenasyl-Gästen und Gemeinden. In einem Merkblatt für die Kirchenasylbewegung haben wir dazu vor einem Monat festgehalten: „Es trifft einzelne, aber gemeint sind wir alle.“

Einspringen, wenn der Staat ausfällt

Im Fall von Frau Y. ist augenscheinlich, dass es das Kirchenasyl nicht gebraucht hätte, wenn die deutschen Behörden ihre Arbeit gemacht hätten. Die GiZ hatte Frau Y. eine legale Einreise nach Deutschland zugesagt. Wie in so vielen weiteren Fällen hielt auch hier das Auswärtige Amt sein Versprechen nicht, besonders bedrohte Menschen aus Afghanistan zu evakuieren. Mit dem Kirchenasyl für Frau Y. und ihre Familie sprang die Kirchengemeinde dort ein, wo das Auswärtige Amt versagte. Anstatt mit einem Großaufgebot von Polizei und Feuerwehr in bundeslandübergreifender Kooperation anzurücken hätten sich die deutschen Behörden einfach bei Familie Y. entschuldigen können und Selbsteintritt im Dublin-Verfahren ausüben können.

Pressekontakt: 
Dietlind Jochims

Dietlind.jochims[at]flucht.nordkirche.de

+49 171 411 8333