Diese Woche haben viele Menschen übers Kirchenasyl geredet. Doch was sagen eigentlich Menschen im Kirchenasyl zu der Debatte? Ahmed, ist 23 Jahre alt und kommt aus Syrien. Er soll nach Bulgarien abgeschoben werden und hat in einer Kirchengemeinde Schutz gesucht.* Er hat uns einen Text geschrieben, den wir mit seiner Zustimmung, anlässlich des heutigen Weltflüchtlingstages veröffentlichen dürfen.
Ich bin der Geflüchtete in der Kirche – und das ist meine Stimme
Ich bin kein Verbrecher.
Ich bin ein Mensch, der Sicherheit sucht.
Ich bin vor dem Krieg geflohen, vor der Angst, vor dem Verlust meiner Mutter, vor dem Zerfall von allem, was einmal „Leben“ hieß.
Und heute lebe ich in einer Kirche in Deutschland, weil das System entschieden hat, mich in ein Land abzuschieben, in dem es weder Sicherheit noch Würde für mich gibt.
Ich lebe jetzt in einer Kirche.
Nicht, weil ich mich vor dem Gesetz verstecken will – sondern weil ich den Glauben verloren habe, dass das Gesetz allein mich schützen wird.
Die Kirche wollte nie ein Ersatz für den Staat sein.
Aber sie hat sich entschieden, nicht zu schweigen, wenn Schweigen eine Form von Verrat an der Menschlichkeit wäre.
Sie hat mir ihre Tür geöffnet – nicht weil sie gegen das Gesetz ist, sondern weil sie an Barmherzigkeit glaubt.
Manche sagen, das Kirchenasyl untergräbt den Rechtsstaat.
Aber was wirklich untergraben wird, ist die Menschenwürde – wenn ein Mensch abgeschoben wird, obwohl klar ist, dass ihm Gefahr droht.
Was untergraben wird, ist das Vertrauen – wenn die Polizei Kirchen betritt und Menschen von den Kirchenbänken, vom Altar, von unter dem Kreuz herausholt.
Ich verstehe nicht, wie es dazu kommen konnte, dass die Zuflucht in Gottes Haus als Verbrechen gesehen wird.
Ich bin ein Geflüchteter – aber ich bin auch ein Mensch.
Ich will nur in Würde leben, studieren, Teil dieser Gesellschaft sein, bei meiner Familie bleiben, wie ein Mensch behandelt werden – nicht wie eine Nummer im System.
Ich sage es von Herzen:
Ich verstecke mich nicht. Ich will nur, dass meine Stimme gehört wird.
Ich will, dass über meine Zukunft nicht durch eine Frist entschieden wird.
Ich will nicht zurückgeschickt werden in ein Land, das mir nur Leid bringen kann.
Ich lebe heute hinter Kirchenmauern – aber meine Seele ist nicht eingesperrt.
Solange ich die Wahrheit sage, solange ich meine Stimme erhebe – bin ich frei.
*Angaben zur Person geändert, um seine Identität zu schützen.